Kindergruppenfahrt in die Hohburger Berge vom 17. - 19. April 2015

Klettern an richtigen Felsen anstatt bunten Griffen, der Witterung ausgesetzt anstatt mehr oder weniger staubiger Hallenluft: mit diesem Plan starteten wir am Freitag, den 17. April aus Rostock in Richtung Sachsen.
Die Wettervorhersage war nicht perfekt, der Optimismus aber groß und schließlich auch berechtigt... Doch der Reihe nach.

Vier Stunden Fahrt reichten, um alle sechs Kinder mitsamt dem Großteil der Betreuer in die Unterkunft, das Schalomhaus der evangelischen Kirchgemeinde Lüptitz-Großzschepa, zu verfrachten. Das Haus wurde umgehend in Besitz genommen, Schlaflager eingerichtet und mit einigen Betreuern eine Auffrischung der Knotenkunde vorgenommen. Schließlich sollte am nächsten Tag jeder ganz genau wissen, wie man sich ins Seil einbindet, sichert und abseilt! Nachdem die übrigen „Großen“ sich um Einkäufe und Abendessen Kochen gekümmert hatten und gemeinsames Tischdecken, Essen und Abräumen erledigt waren, floss beeindruckende Energie in ein großes Tischkicker-Spiel, und auch das Beziehen der Lager beendete Konversation und Kreativität noch lange nicht.
Dennoch reichten die verbliebenen Nachtstunden, um bis 6 Uhr morgens Kräfte getankt zu haben, so dass alle Kinder von selbst und deutlich vor den „Großen“ munter waren. Gegen halb neun saßen alle mit Frühstück im Bauch und geschmierten Brötchen im Rucksack mitsamt Kletter-Ausrüstung im Auto, und die Spannung stieg. „Wo müssen wir hin?“ „Warum sieht man die Felsen nicht?“ Geparkt wird am Straßenrand, über einen unscheinbaren Erdwall geht es auf das Gelände des ehemaligen Steinbruchs und kaum merklich führt der Weg „bergab“, einmal um die Ecke, und „Wow!“ eröffnet sich der Blick in den „Talkessel“ des Holzbergs mit seinen Porphyrwänden.
Johanna entert sofort und geschickt den erstbesten Baum, dicht gefolgt von Emma: Aufwärmen vor dem Sport ist ja auch wichtig! Ein Roter Milan kreist bereits zur Begrüßung über unseren Köpfen und beobachtet uns bei den ersten Klettereien an der kleinen Wand, dem „Sektor Phönix“. Die relativ kurzen Routen ermöglichen es jedem Kind, unter Ansporn und hilfreichen Zurufen der restlichen Gruppe mindestens drei Wege in den Schwierigkeitsgraden III bis IV zu klettern, immer im „Toprope“, also von oben gesichert durch ein Seil, dass ein Betreuer im Vorstieg nach oben gebracht hat.

„Hoffotograph“ Steffen ist nebenan eine VI- gestiegen, um eine perfekte Kameraposition zu erreichen. Die vergleichsweise glatte Wand übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Rosa aus. Also wird sie eingebunden und tatsächlich – sie schafft es! Nach einer kurzen Stärkung geht es zum Sektor „Bohrlochwand“. Bereits auf dem Weg entdeckt Milla die ersten Zauneidechsen, von denen wir im weiteren Verlauf des Tages mindestens ein Dutzend zu Gesicht bekommen, denn die sonnengewärmten Steine gefallen ihnen sehr.
Beim Weitergehen müssen alle gut aufpassen, denn der Weg ist zwar breit genug, und wir suchen uns einen geräumigen Picknickplatz als „Basislager“ aus, aber es geht nicht nur auf einer Seite über 30m die Wand hoch, sondern auf der anderen auch einige hinunter bis zum „See“, der tiefsten Stelle des alten Steinbruchs, die sich bereits mit Grundwasser gefüllt hat. Ein komplett unbeschwertes Herumtoben gibt es hier oben also nicht, und daher ist zusätzlich zu einem Betreuer/Hintersicherer pro Seilschaft (ein kletterndes plus ein sicherndes Kind) mindestens ein weiterer Erwachsener am Basislager, wo gespielt oder gegessen wird. Ein großes Lob spenden wir daher allen teilnehmenden Kindern für ihr diszipliniertes Verhalten trotz Spannung und ausgelassener Freude! Nur dadurch ist es uns möglich, mit mehreren Seilschaften parallel zu arbeiten und die Wartezeiten für die Kinder relativ kurz zu halten. Die langen Routen in der Bohrlochwand eignen sich übrigens prima dafür, das Abseilen zu üben. Also steigt hier ein Betreuer die Route vor und sichert vom Standplatz Kinder nach, während ein zweiter Betreuer pro Route erst den Vorsteiger sichert und anschließend das selbständige Einbinden der Kinder überprüft.
Alle Kinder schaffen es, auch die fast 30m langen Wege im Schwierigkeitsgrad IV zu meistern – eine tolle Leistung! Rosa, die sehr konzentriert die Vorsteiger beobachtet und genaue Fragen gestellt hat, darf schließlich noch eine kurze III vorsteigen – die Expressschlingen sind bereits eingehängt, und oben wacht ein wartender Betreuer über Selbstsicherung und Abseilen nach erstem Vorstiegserlebnis. Zwischendurch gehen die besorgten Blicke der Betreuer mehrfach gen Himmel, der uns zwar nicht auf den Kopf zu fallen droht, aber einige Tropfen tun dies durchaus. Aus Picknickdecke, Bandschlingen und Reepschnüren errichten die Kinder daher einen Schutz für Rucksäcke und Material. Einen Wolkenbruch hätten wir so zwar nicht verkraftet, gegen den kurzen und federleichten Tropfenschauer reicht es aber allemal, und schon bald scheint die Sonne wieder. Der Freiluft-Teil des Tages endet mit einer kleinen Erdkunde-Exkursion, dem Blick in den benachbarten Steinbruch, dessen steile Wände bereits mehrere Abbau-Stufen weit im steigenden Grundwasser versunken sind.

Der Klettertag ist hiermit jedoch noch lange nicht beendet, denn nach gemeinsamer Küchenarbeit und Essen geht es ans Tischbouldern. Begeistert wirft sich als erste Irma auf das ungewohnte Sportgerät. Milla wiederum schafft gleich in ihrem ersten Versuch die ganze Runde um die Tischplatte herum. Daran scheitern viele Erwachsene! Unter viel Gelächter landen andere Versuche auf den unter und neben dem Tisch platzierten Matratzen, bis jedes Kind eine erfolgreiche Tischumrundung vorzuweisen hat. Noch ein kleines Kickerspiel – und plötzlich, unerklärlicher Weise, waren alle freiwillig im Lager verschwunden und schliefen bis zum Weckruf der Betreuer am Sonntagmorgen. Sehr merkwürdig...

Wer steht freiwillig um 7 Uhr morgens an einem Sonntag auf? Kletterer natürlich! Vor allem, wenn sie vorher noch frühstücken, Sachen packen und das Haus aufräumen. Wieder klappt alles mit vieler Hände Arbeit wunderbar und erlaubt uns, gegen halb neun durchzustarten. Dieses Mal geht es zum „Gaudlitzberg“, einer beeindruckend schwarzen Porphyrwand, die zwar nicht so hoch ist wie der Holzberg, aufgrund der säulenartigen Struktur und fehlender Terrassen steiler und einschüchternder wirkt. „Da komme ich nie hoch“ und „Das traue ich mich nicht“ waren denn auch die ersten Reaktionen. Wir verraten: Sie trauten sich doch, und zwar alle! Wieder bilden sich bewährte Teams aus sicherndem und kletterndem Kind, und auf geht’s in die Felswand, die sich, wie Bente und Irma sofort feststellen „ganz anders anfühlt“ als die gestrige. Hatte man dort Leisten und waagerechte Spalten, geht es hier darum, sich geschickt zu verspreizen und hochzustemmen. Wacker kämpft sich Bente in dieser schwierigen Technik die IV namens „Pikachu“ bis hinauf zum Umlenker. Damit ist das Eis gebrochen, und diese sowie die beiden IIIer in der Nachbarschaft werden eifrig beklettert, bis das Los norddeutscher Bergsteiger uns sagt: Zeit zur Heimfahrt!

Die vier Stunden im Auto vergehen mit Spielen, Sichtungen von Milanen, Schwänen, Rehen und einem Fuchs, der Erörterung der Frage, „was in schwarzem und weißem Licht drin ist“ und einer fast schon philosophischen Disputation über den Stillstand bestimmter Windkraftanlagen.

Zusammenfassend können wir sagen: ein tolles Wochenende mit einer wunderbaren Teilnehmergruppe, Glück mit dem Wetter und viel Spaß am Fels!

Bericht: Karen Görner, Jugendleiterin

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